Kritische Perspektiven auf sexuelle Gewalt im Kontext von Sexismus, Rassismus und Rechtspopulismus
Mit Anne Wizorek (Autorin, #ausnahmslos), Sabine Hark (TU Berlin), Margarete Stokowski (Autorin, Spiegel online), Massimo Perinelli (Rosa-Luxemburg-Stiftung), Salomon Wantchoucou (Flüchtlingsinitiative Sachsen-Anhalt); Moderation: Katharina Pühl.
Das neue Jahr begann mit einem Schock: In der Silvesternacht 2016 kam es in mehreren Städten zu massenhaften, kriminellen, gewalttätigen und sexuellen Übergriffen von Männern auf Hunderte von Frauen, die sich im öffentlichen Raum bewegten. Niemand, weder die Betroffenen, noch die Polizei, noch die Öffentlichkeit waren auf Ereignisse dieser Art vorbereitet.
Seitdem beherrscht das Thema die Medien – mit zum Teil wirren Schuldzuweisungen, rassistischen Deutungen und rechtspopulistischen Hassparolen. Die Täter-Opfer-Beziehungen scheinen eindeutig: Es ist von «weißen» Frauen und «schwarzen» Tätern die Rede; eine stereotype Verkürzung, die auf die Herkunft der Menschen abhebt. Anstatt grundsätzlich über gesellschaftliche Verhältnisse sexualisierter Gewalt gegen Frauen zu sprechen, werden kolonialistische und rassistische Stereotype gegenüber konstruierten Tätergruppen bemüht.
Dabei sind erschreckend schnell und laut völkische Denkfiguren aufrufbar, die den Schutz des nationalen Kollektivs über die Verletzlichkeit von Frauen thematisieren. Die rassistisch und sexistisch aufgeladene Berichterstattung und TV-Debatten fallen in Zeiten von Pegida, AfD und europäischem Rechtsruck auf gefährlich fruchtbaren Boden. Die Ereignisse in und nach Köln markieren einen Wendepunkt, der nach entschiedenen Positionierungen und solidarischem Handeln linker und zivilgesellschaftlicher Kräfte ruft.
Auf der Veranstaltung wollen wir aus einer linken feministischen Perspektive diskutieren, wie verschiedene Sexismen in dieser politisch aufgeladenen Auseinandersetzung ineinander-greifen: Frauenfeindlichkeit, sexuelle Gewalt und Homophobie. Wir wollen diskutieren, wie politisch und gesellschaftlich der Antisexismus gestärkt werden kann. Was muss dafür auf den unterschiedlichsten Ebenen getan werden?
Die Frage ist aber auch, welche durchaus widersprüchlichen Momente sich in den Debatten abbilden. Einerseits soll die Novellierung des Sexualstrafrechts eine erweiterte Definition von Vergewaltigung einschließen – wofür feministische Aktivist_innen seit langer Zeit gekämpft haben. Andererseits wird der Ruf nach einer Law-and-Order-Politik immer lauter, die insbesondere auf Kosten von Geflüchteten und Migrant_innen geht.
Von links gilt es außerdem, nach der ‚materiellen Seite’ der Gewalt sowie der zugespitzten Diskurse zu fragen: Neoliberale Sparpolitiken haben nicht nur höchst prekäre Konstellationen in der sozialen Daseinsvorsorge geschaffen, für die das LAGESO in Berlin zum erschreckenden Sinnbild geworden ist. Auch Kürzungen und Privatisierungen im Bereich staatlicher und polizeilicher Hoheitsaufgaben befördern eine Situation, in der wachsende Ängste vor tatsächlicher wie imaginierter Bedrohung der eigenen Sicherheit zu verstehen sind. Wie lassen sich hier solidarische Perspektiven entwickeln und soziale Infrastrukturen als gesellschaftliche Grundlage individueller Sicherheit stärken? Lassen sich so auch Selbstverständlichkeiten wie die Gleichberechtigung der Geschlechter, Sicherheit im öffentlichen Raum oder die Gleichheit der Menschen besser realisieren?
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