Die beiden Buchautoren Krzysztof Pilawski und Holger Politt nehmen auf Grundlage des kürzlich veröffentlichten Buches Stellung zu aktuellen Fragen, die mit der politischen Entwicklung in unserem östlichen Nachbarland zusammenhängen.
Die Wahlerfolge der Nationalkonservativen in Polen im letzten Jahr kamen insofern überraschend, weil der Wahlgewinner ins Zentrum seiner Kampagne eine grundlegende Überprüfung des Entwicklungsweges seit 1989/90 gestellt hatte. Polen wurde bis 2015 weithin als ein Land gesehen, mit dem der erfolgreiche Weg der EU-Osterweiterung von 2004 beispielhaft herausgestellt werden konnte. Nun aber setzte sich eine politische Formation überraschend durch, die den Weg seit 1989 grundsätzlich für verfehlt hält. Neben sozialpolitischen Defiziten wurden vor allem Befindlichkeiten angesprochen, die Fragen der sogenannten nationalen Identität berühren sollen. So wird eine zweite Welle des Kapitalismus versprochen, mit der die polnische Seite ausdrücklich befördert werden soll. Vier Bereiche gelten dabei als Schwerpunkte – Energie, Medien, Banken und Einzelhandel. Das Buch spricht unterschiedliche Gründe an, die zum Erfolg der Kaczyński-Partei beigetreten haben. Eingebunden in die Vorstellung des Buches werden aber auch die offenkundigen Ergebnisse nach einem Jahr nationalkonservativer Regierung in Polen. Es ist ein Zustand, in dem bereits viel Pulver verschossen wurde, in dem aber zugleich Gefährdungen für die demokratische Substanz sichtbar werden.
Die Autoren:
Krzysztof Pilawski, polnischer Publizist, nach 1990 Korrespondent der linksgerichteten Tageszeitung »Trybuna« in Moskau; Veröffentlichungen zur polnischen Linken und zu geschichtspolitischen Strategien der Nationalkonservativen.
Holger Politt, Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, von 2002 bis 2009 deren Büroleiter in Warschau. Heute befasst er sich u.a. mit dem polnischen Werk von Rosa Luxemburg, das in großen Teilen in Deutschland noch unbekannt ist.